Günther Esterer – Maler und Grafiker
Es ist immer wieder interessant zu beobachten, dass unter den vielen bildenden Künstlern des Landes Spätbegabungen aus dem Bereich des Druckereigewerbes hervorgehen. So waren, z.B. das Mitglied des Wiener Künstlerhauses Heribert Potuznik, der lange Jahre im Weinviertel lebte und arbeitete, ebenso wie das Mitglied der Wiener Secession Franz Reiter, der in Stadlau wirkte, gelernte Lithographen. Esterer, der als Schriftsetzer seine berufliche Karriere startete, war schon in jungen Jahren zur bildenden Kunst hingezogen, der er sich in späteren Jahren zur Gänze widmen konnte. Heute tritt er uns als ein wichtiger Künstler des Weinviertels, im Besonderen des Raumes Mistelbach entgegen. Was macht nun seinen Anspruch als Künstler aus?
Betrachtet man heute das vorliegende Werk, so lässt sich unschwer feststellen, dass Esterer in erster Linie zu den malerischen Kräften des Weinviertels zählt. Das ist deswegen bemerkenswert, weil man auf Grund seiner vergangenen beruflichen Tätigkeit eher auf eine rein grafische Ausrichtung tippen würde. Dem entgegen ist festzustellen, dass die grafisch-linearen Ambitionen einen relativ kleinen Teil seines künstlerischen Schaffens einnehmen, während sich die flächig-malerischen Arbeiten den Großteil seines Interesses bis heute sichern. Dies trifft sowohl bei den Arbeiten auf Papier, wie auch bei seinen Öl- beziehungsweise Acrylarbeiten zu. In diesem Zusammenhang – und hier ist sicherlich ein innerer Zusammenhang mit seiner langjährigen Tätigkeit in der Druckerei festzustellen – sind auch die vielen Monotypien zu sehen, denen er sich mit großer Ausdauer immer wieder widmet und die er häufig zu neuen Ergebnissen führt. Einmal sind es die im Zusammenspiel eines einzigen Farbklanges entstehenden Blätter, zum anderen die kontrastreichen, oftmals scharf abgegrenzten Farbimpressionen. In der an Zahl größeren Gruppe untersucht er die drucktechnischen Möglichkeiten im geschlossenen Farbbereich von Nuancierung und eher dezenten Strukturierung und erreicht dadurch eine sehr homogene Farbschichtung, die als Ausgangspunkt durchaus gegenständliche Formen haben können, die im Verlauf des Farbauftrages in der Regel eine fast abstrakte Veränderung erfahren. Bei diesem Umdruckverfahren kommen Esterer seine Kenntnisse aus der Druckerei zugute, da er die Abfallplatten aus der Rotationspresse als Grundplatten verwendet und damit ähnlich wie der 1951 in Wien geborene Rudolf Polansky, der auf Aluminiumplatten arbeitet, mit verschiedenen Materialien experimentiert. Meist sind es bei Esterer gedeckte, opak aufgetragene Farbschichtungen, die kräftige Farbflächen entstehen lassen, selten finden sich lichtere, heitere Farbexpressionen. Und hier zeichnet sich ein wesentlicher Unterschied beispielsweise zu den Aquarellen ab. Neben den vielen im Umfeld des Weinviertels entstandenen Aquarellblättern, die natürlich wie auch in Esterers Pastellen, die für diesen Landstrich typischen Kellergassen und Weinberge zum Thema haben, finden sich Aquarelle, die in einer freien Sicht der Dinge das rein Aquarellistische bevorzugen. Dazu gehört die Reihe der anlässlich eines Aufenthaltes am Ossiachersee rasch hingeworfenen Aquarelle, die einen ähnlich skizzenhaften Charakter aufweisen wie jene, die Wilhelm Thöny während seiner Pariser Zeit in den 1930er Jahren schuf und in denen er in souveräner Art und Weise die Wasserfarben einsetzte. Esterer geht in den „OSSIACHER BLÄTTERN“ ähnlich vor. Locker hingesetzte Farbflächen und Farblinien in Verbindung mit unbemalten Resten des Papiers suggerieren Licht, Wasser und deren wechselseitigen Reflexe. Es sind impulsive, aus dem Augenblick des Sehens gemalte Impressionen. Das Faszinosum von Licht und Wasser überwältigt geradezu den Aquarellisten Esterer und setzt gewissermaßen einen Kontrapunkt zum reinen Landschafter, der einen ähnlichen Weg geht wie der gleichaltrige Wiener Maler Kurt Panzenberger, bei dem flott darauf losgepinselt wird, garniert mit Farbspritzern und Farbflecken, die eine subtile optische Beweglichkeit ergeben, ohne einen gestalteten Bildraum zu verlassen.
Nimmt Esterer in der Ölmalerei zwar einen ähnlichen, aber dennoch differenzierten Weg wie bei den beiden vorgenannten Techniken ein, ändert sich sein künstlerisches Programm, wenn er zu Acrylfarben greift. Hier experimentiert er wesentlich mehr und wie es scheint auch gelöster von vorgefassten Meinungen, er greift zu verschiedensten Materialien wie dies der Kärntner Maler Franz Grabmayr in den 1960er Jahren in den Sandgruben des Waldviertels praktizierte. Bei Esterer kommt zu Sand, Kies etc. auch der Fliesenkleber dazu, und so entstehen Materialbilder mit einer höchst strukturierten Oberfläche, die durchaus reliefartigen Charakter erhalten kann. Auch Omas Nachthemd erhält hier eine neue Verwendung und leitet zu einer ironisch-heiteren Variante über. Hier reiht sich der Künstler in die Reihe der berühmten Künstler wie Antons Tapirs oder Alberts Bure ein, um nur zwei zu nennen. Bei allen handelt es sich um eine naturbezogene Nachahmungsästhetik, die zu einer Überfülle von Interpretationen Anlass gibt. Wenn Esterer heute auf Jahrzehnte künstlerischer Tätigkeit zurückblicken kann, so ist festzustellen, dass er nicht nur an Jahren, sondern ebenso in seiner Kunst gereift ist, ohne den jugendlichen Schwung zu verlieren, der noch vieles für die Zukunft erwarten lässt. Tritt man dem Künstler entgegen, in seiner hageren, lebhaften äußeren Erscheinung, sieht man sich in der vorhin geäußerten Erwartung absolut bestätigt. Und, so soll es auch bleiben!
PROF. FRANZ KAINDL